„Jeder hat das Recht auf Bildung.“ Schon im Jahr 1948 formulierten die Vereinten Nationen (UN) in Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte diesen Grundsatz. Der Stellenwert einer chancengerechten Bildung hat sich seither nicht verändert. Im Jahr 2015 legten die UN in der Agenda 2030 nochmals 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung fest. Eines dieser Ziele: eine inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung für alle.
Doch die Umsetzung der Absichtserklärung ist eine komplexe Aufgabe. Denn Bildung ist noch immer in vielen Gesellschaften ein Privileg. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gehen weltweit etwa ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen nicht zur Schule. Einer der Gründe: Gerade in den Entwicklungsländern fehlen Eltern oftmals die finanziellen Mittel, um ihren Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen.
Auch in Deutschland ist die Debatte über Bildungsgerechtigkeit aktueller denn je. Das belegt eine kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Kinderhilfswerks: 95 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren fordern höhere Investitionen in eine bessere und chancengerechte Bildung.
Für junge Menschen ist dies neben der Klimakrise die zentrale Herausforderung für die Zukunft. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, ist eines besonders wichtig – und darauf macht der Internationale Tag der Jugend in diesem Jahr auch unter dem Motto „Create a World for All Ages" aufmerksam: generationenübergreifende Solidarität.
Gerade die Corona-Pandemie hat das nochmals deutlich gezeigt. Von heute auf morgen ging es für Millionen Schülerinnen und Schüler vom Präsenz- in den Distanzunterricht. Viele Kinder und Jugendliche hatten große Mühe, selbstständig zu lernen – ohne den direkten Kontakt zu den Mitschüler*innen und Lehrkräften.
Während bei manchen Schüler*innen der Online-Unterricht gut funktionierte, weisen mittlerweile andere Kinder erhebliche Lerndefizite auf. Gerade leistungsschwächere Schüler*innen verloren durch die Corona-Pandemie noch stärker den Anschluss. Es entstand ein Bildungsungleichgewicht. So ist zum Beispiel im Jahr 2021 der Anteil der Grundschüler*innen, die gut lesen können, zurückgegangen. Umgekehrt stieg der Anteil der Grundschulkinder, die Probleme beim Lesen haben. Dies geht aus einer Studie der TU Dortmund hervor.
Um dem entgegenzuwirken, hat die damalige Bundesregierung Mitte 2021 das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ mit einem Investitionsumfang von zwei Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Das Ziel lautete unter anderem, die aufgetretenen Lernrückstände durch Nachhilfe- und Förderprogramme wieder abzubauen, wofür die Hälfte des Budgets zur Verfügung steht. Zur Unterstützung von frühkindlicher Bildung, Schulsozialarbeit und Freizeitaktivitäten werden ebenfalls eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. Denn junge Menschen haben nicht nur Schulstunden und Lernstoff verpasst, sondern mussten auch auf viele Alltagsdinge verzichten – wie beispielsweise auf Kontakt mit Gleichaltrigen, Sport und Bewegung oder Spielen in der Gruppe.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für junge Menschen ist ein stärkeres Mitspracherecht. Weltweit haben Jugendliche nur begrenzt politische und gesellschaftliche Teilhabechancen, da sie oft erst wahlberechtigt sind, wenn die Volljährigkeit erreicht ist. Auch in Deutschland fühlen sich viele junge Menschen von der Politik nicht gehört. Laut Umfrageergebnissen des Deutschen Kinderhilfswerks sehen 83 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen ihre Interessen wenig bis überhaupt nicht berücksichtigt.
Dabei müssen Kinder und Jugendliche mit den Entscheidungen, die in der Gegenwart getroffen werden, und deren Konsequenzen noch lange leben. Am deutlichsten wird dies bei der Klimakrise: Klimaforschenden zufolge ist davon auszugehen, dass extreme Wetterereignisse wie Starkregen oder langanhaltende Trockenheit zukünftig immer häufiger auftreten werden. Das bereitet den jungen Menschen Sorgen. Um auf die Auswirkungen des Klimawandels für nachfolgende Generationen aufmerksam zu machen und sich mehr Gehör zu verschaffen, schlossen sich zuletzt immer mehr junge Menschen der Bewegung „Fridays for Future“ an. Ihr Anliegen: möglichst umfassende, schnelle und effiziente Klimaschutzmaßnahmen.
Doch wie können Jugendliche grundsätzlich stärker in Zukunftsfragen einbezogen werden und die Politik aktiv mitgestalten? Ein Instrument, das aktuell in Deutschland von den politischen Verantwortlichen verstärkt diskutiert wird, ist die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. In den meisten Demokratien auf der Welt dürfen junge Menschen erst ab 18 Jahren wählen. Eine Ausnahme ist beispielsweise Österreich. Dort gilt seit 2007 das Wahlrecht ab 16 Jahren für Europa-, Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen. Bereits vor einigen Jahren haben EU-Parlament und Europarat diesen Schritt auch für die übrigen EU-Mitgliedsstaaten empfohlen. Außer Malta und Österreich haben bislang jedoch keine weiteren Länder diesen Vorschlag umgesetzt.
In Deutschland dürfen in den meisten Bundesländern 16- und 17-Jährige zumindest bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben. Niedersachsen zum Beispiel senkte im Jahr 1997 als erstes Bundesland das Wahlalter, Nordrhein-Westfalen folgte zwei Jahre später. In Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und im Saarland kann das Wahlrecht hingegen unverändert erst ab 18 Jahren ausgeübt werden. Bei Landtagswahlen sind es sogar nur vier Bundesländer, die eine Stimmabgabe von Jugendlichen ermöglichen: Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein.
Die Ampelkoalition plant nun, einen Schritt weiterzugehen und das Wahlalter auch für Bundestagswahlen abzusenken. Dieses Ziel ist sogar im Koalitionsvertrag verankert. Doch für die Umsetzung braucht es eine Grundgesetzänderung.
So wie im Jahr 1970, als das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Schon damals kam es zu ähnlichen Debatten wie heute. Befürwortende einer Absenkung des Wahlalters argumentierten, dass die junge Generation politisch ausreichend informiert und reif genug sei, um sich am politischen Geschehen zu beteiligen und Einfluss zu nehmen. Bei der Bundestagswahl 1972 durften schließlich 18-Jährige das erste Mal wählen.
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