Einem Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) aus dem Jahr 2020 zufolge leidet in Europa jeder fünfte Mensch unter gesundheitsschädlichem Lärm. Hauptquelle des belastenden Lärms ist der Straßenverkehr. Durch ihn sind mehr als 100 Millionen Menschen in den Tages- und Nachtstunden dauerhaft einer Lautstärke von mehr als 55 Dezibel ausgesetzt. Zum Vergleich: Laut Weltgesundheitsorganisation sollte der Lärm durch vorbeifahrende Fahrzeuge 53 Dezibel nicht übersteigen.
Nach Angaben der EEA fühlen sich mehr als 20 Millionen Menschen von der Lärmbelastung in ihrer Umgebung erheblich beeinträchtigt. 6,5 Millionen davon sind sogar von schweren Schlafstörungen betroffen. Auch in Deutschland wird Straßenverkehrslärm als Störfaktor Nummer Eins genannt – noch deutlich vor Flug- oder Schienenverkehrslärm. Dies geht aus einer im Jahr 2022 veröffentlichten Umfrage des Umweltbundesamts hervor. Mehr als drei Viertel der Befragten sahen sich demnach durch laute Autos, Motorräder, Lkw & Co. belästigt.
Zwar gibt es verschiedene Regelungen wie das Bundesimmissionsschutzgesetz, das Lärmgrenzwerte festlegt. Doch vor allem in Städten und in der Nähe von Autobahnen und Hauptverkehrsachsen ist die Einhaltung dieser Werte eine große Herausforderung. Dabei spielt Motorenlärm nur eine untergeordnete Rolle. Denn bei einem Pkw übertönen schon ab 30 km/h die Abrollgeräusche der Reifen den Antrieb. Um dem entgegenzuwirken, kommt zum Beispiel auf Autobahnen zunehmend sogenannter Flüsterasphalt zum Einsatz. Dieser besteht aus einer Vielzahl an Hohlräumen, die den von den Reifen verursachten Schall aufnehmen und damit für weniger Lärm sorgen. Das Problem: Der offenporige Flüsterasphalt ist nicht nur deutlich teurer als herkömmliche Fahrbahnbeläge, sondern nutzt sich auch schneller ab und verliert mit der Zeit an Wirkung.
Doch welche Auswirkungen auf die Gesundheit treten überhaupt auf, wenn wir dauerhaft einem hohen Lärmpegel ausgesetzt sind? Grundsätzlich unterscheidet sich das Lärmempfinden von Mensch zu Mensch. Jede*r nimmt Geräusche anders wahr. So können vorbeifahrende Autos tagsüber kaum stören, uns nachts aber um einen geruhsamen Schlaf bringen. Der Körper reagiert dann auf diese Lärmbelastung, in dem er Stressreaktionen auslöst. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass dadurch langfristig unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bluthochdruck entstehen können.
Nicht nur der Mensch, sondern auch die Tierwelt leidet unter Lärm – sowohl unter Wasser als auch an Land. So sind beispielsweise viele Vögel auf ein sensibles Gehör angewiesen, um sich miteinander zu verständigen. Mit akustischen Tönen warnen sie sich gegenseitig vor Feinden, locken Partner*innen an oder kommunizieren mit ihrem Nachwuchs. Wird dieser Gesang nun von anderem Lärm übertönt, beeinträchtigt dies die Vögel in ihrem natürlichen Verhalten.
Ähnlich sieht es unter Wasser aus. Eine Forschungsgruppe stellte in einer im Frühjahr 2021 veröffentlichten Studie zur Lärmverschmutzung der Ozeane fest: In den Weltmeeren ist es zu laut. Verantwortlich dafür sind hauptsächlich der Schiffsverkehr sowie der Bau und Betrieb von Windparks. Analysen des Teams ergaben, dass in vielen Regionen diese vom Menschen verursachten Geräusche sich genau auf den Frequenzen erstrecken, die Meerestiere für ihre Kommunikation untereinander brauchen.
Hinzu kommt: Schall kann sich unter Wasser knapp fünfmal schneller ausbreiten als in der Luft. Nur durch dieses Phänomen können beispielsweise Wale über mehrere Tausend Kilometer miteinander kommunizieren. Im Umkehrschluss heißt das allerdings auch, dass Störgeräusche selbst auf große Distanzen noch zu hören sind.
Zwar gelten Meereslebewesen als stark anpassungsfähig. Doch genau wie Menschen sind manche Arten besonders geräuschempfindlich – egal ob Wale, Fische, Krebse oder wirbellose Tiere. Häufig flüchten sie dann vor dem Lärm und verlassen ihre gewohnten Lebensräume – mit teils schwerwiegenden Folgen, weil sie in der neuen Umgebung nicht mehr ausreichend Nahrung finden. Darüber hinaus kann der Lärm die äußerst feinsinnigen Gehörorgane der Unterwasserlebewesen stören. Dies beeinflusst unter anderem die Orientierung in den dunklen Gewässern, wodurch sie beispielsweise nicht mehr zwischen Beute und Hindernissen unterscheiden können.
Um den Lärm bei Bauprojekten zu reduzieren, hat das Bundesumweltministerium ein Schallschutzkonzept für die Nordsee auf den Weg gebracht, das seit 2013 gilt. Auf dieser Grundlage kontrolliert das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) unter anderem, dass bei Rammarbeiten auf dem Meeresgrund für neue Windenergieanlagen eine Lautstärke von 160 Dezibel in 750 Metern Distanz nicht überschritten wird. Zum Vergleich: Ein startendes Flugzeug kommt etwa auf 110 bis 140 Dezibel. Solche Maßnahmen sind bisher jedoch die Ausnahme. Tierschutz- und Umweltverbände fordern deshalb, ähnliche Konzepte flächendeckend für die Weltmeere einzuführen.
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