Siegel Wie kann der Lehrkräftemangel aufgefangen werden?

In Deutschland gibt es zu wenige Lehrer*innen. Dieses Problem ist nicht neu. Doch mit Start des neuen Schuljahres hat es sich weiter verschärft. Wo liegen die Gründe für diese Entwicklung? Und wie versuchen die Bundesländer entgegenzusteuern? Ein Lagebericht zum Weltlehrertag am 5. Oktober 2023.     

Nach Angaben der UNESCO braucht es weltweit bis zum Jahr 2030 ungefähr 69 Millionen zusätzliche Lehrer*innen, um den Kindern eine chancengerechte und hochwertige Bildung zu ermöglichen. Auf dieses Problem machte die UNESCO bereits im Jahr 2016 aufmerksam. Es fehlten nach damaligem Stand insgesamt etwa 24 Millionen Grundschul- und 44 Millionen Sekundarschullehrer*innen. Am größten ist der Lehrkräftemangel in Afrika und Südasien.

Doch auch europäische Länder leiden unter akuter Personalnot. In Frankreich waren zum Beispiel laut Premierministerin Elisabeth Borne kurz vor Beginn des neuen Schuljahres 4000 Stellen unbesetzt. Und auch in Deutschland sieht es nicht besser aus. Im Vergleich zum vorherigen Schuljahr hat sich die Situation sogar noch verschärft. Schätzungen des Deutschen Lehrerverbands zufolge fehlen aktuell in allen Bundesländern zusammengerechnet bis zu 40.000 Lehrkräfte.

Unterrichtsausfälle, gekürzte Stundenpläne und volle Klassenzimmer

In Bayern wurde deshalb schon vor den Sommerferien angekündigt, dass im neuen Schuljahr Unterrichtsangebote gestrichen werden müssen, um genug Pädagog*innen für die Klassenleitung zu haben. In Berlin startete derweil der Unterricht mit so vielen Schüler*innen wie nie zuvor. Gleichzeitig fehlten allerdings knapp 1000 Lehrkräfte. Die Folge: übervolle Klassenzimmer. Auch in Nordrhein-Westfalen war die Lage mancherorts besonders angespannt. So mussten beispielsweise Grundschulen in Gelsenkirchen wegen Personalnot den Unterricht um eine Stunde pro Woche kürzen. 

Dieser Engpass ist das Ergebnis verschiedener Entwicklungen. Deutschland erlebt derzeit einen Fachkräftemangel, wovon auch die Schulen betroffen sind. Lehrkräfte werden pensioniert und es fehlt an Nachwuchs. Gleichzeitig steigt laut Kultusministerkonferenz (KMK) durch Zuwanderung und eine höhere Geburtenrate die Zahl der Schüler*innen. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit vielerorts Lehramtsstudienplätze abgebaut wurden. Viele Stellen können deshalb aktuell schlicht nicht besetzt werden. Zumal der Markt an Quer- und Seiteneinsteiger*innen diese Lücke nicht füllen kann. 

Knapp die Hälfte der Lehrkräfte arbeitet nur Teilzeit

Allein für das laufende Schuljahr schätzt die KMK, dass 1940 weniger Absolvent*innen für das Lehramt an Grundschulen zur Verfügung stehen als benötigt. Verschärft wird der Mangel dadurch, dass immer mehr Lehrkräfte in Teilzeit arbeiten. Dies geht aus kürzlich veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Demnach lag die Teilzeitquote im Schuljahr 2020/21 bei circa 40 Prozent und damit so hoch wie seit zehn Jahren nicht. 

Doch welche Möglichkeiten gibt es, um die Personalengpässe zu lindern? Einige Bundesländer wissen sich derzeit nur mit Notmaßnahmen zu helfen. In Bayern engagierte eine Schule im Frühjahr 2022 Aushilfslehrer*innen von der Bundeswehr als ehrenamtliche und unbezahlte Aufsicht in Vertretungsstunden. Sachsen-Anhalt beauftragte Headhunter, um im europäischen Ausland neue Lehrkräfte zu finden. Insgesamt 75 Stellen wurden so besetzt – mit Personal aus Österreich, Spanien, Bosnien-Herzegowina und der Schweiz.

Ultima Ratio Vier-Tage-Präsenz-Woche?

Den letzten Ausweg für die derzeitigen Probleme sieht eine Sekundarschule in Aken an der Elbe in der Einführung einer Vier-Tage-Präsenz-Woche. Auch dort war es im vergangenen Jahr zu massiven Unterrichtsausfällen gekommen. Der Stundenplan konnte nur noch zur Hälfte abgearbeitet werden. Fächer wie Französisch, Kunst, Geschichte, Sozialkunde oder Ethik fielen für die Klassen 5 bis 9 komplett aus. Nur für die Abschlussklassen herrschte weitgehend Normalität. Der Unterrichtsausfall sorgte dafür, dass Eltern und Kinder sogar auf der Straße dagegen protestierten. 

Daraufhin stellte der Schulleiter im Magdeburger Landtag ein Konzept vor, um den Lehrkräftemangel zumindest teilweise aufzufangen. Die Schüler*innen gehen nur noch an vier Tagen zur Schule, zusätzlich vorgesehen sind an einem Tag digitale Lerninhalte, die zuhause bearbeitet werden. Das Modell wurde anschließend von der Kultusministerin Sachsen-Anhalts, Eva Feußner, abgesegnet. In einem Brief offerierte sie allen Sekundar- und Gemeinschaftsschulleiter*innen, die Vier-Tage-Präsenz-Woche im Alltag umzusetzen. Inzwischen haben sich diesem Konzept elf weitere Schulen angeschlossen. 

In Aken an der Elbe soll das Hybrid-Modell ab Februar 2023 getestet werden. Deren Schulleiter hält dies jedoch nicht für eine langfristige Lösung. Um die Personalnot in Deutschland zukünftig zu lindern, fordert der Deutsche Lehrerverband deshalb eine Reserve an Lehrer*innen aufzubauen. Selbst wenn genügend Lehrkräfte vorhanden sind, sollte über Bedarf eingestellt werden. So könnten die Klassen im Optimalfall verkleinert werden. Kommt es dann zu Engpässen, könnte die Klassenstärke wieder vergrößert und das freie Lehrpersonal in den zusätzlichen Klassen eingesetzt werden.  

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WDR | Personalnot an Grundschulen: Freie Stellen bleiben unbesetzt

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