Niedrigwasser, Hitze und Trockenheit – diese Kombination machte in Deutschland den Flüssen und Bächen sowie den darin beheimateten Wasserlebewesen in den vergangenen Wochen massiv zu schaffen. Besonders dramatisch war die Lage in der Elbe bei Hamburg. Dort wurden im Juli große Mengen toter Fische an die Ufer gespült. Der Grund: akuter Sauerstoffmangel.
Tatsächlich sank dort die Sauerstoffkonzentration im Wasser zeitweise unter zwei Milligramm pro Liter. Eine tödliche Gefahr für Fische. Denn schon ein Wert unter vier Milligramm pro Liter gilt als kritisch. Der Sauerstoffmangel in der Elbe während der Sommermonate ist zwar kein neues Phänomen, doch Angaben von Umweltschützenden zufolge war das betroffene Flussgebiet im Jahr 2022 mit einer Länge von 45 Kilometern so groß wie nie zuvor.
Auch das ökologische Gleichgewicht in Deutschlands längstem Fluss, dem Rhein, leidet unter hohen Wassertemperaturen und sinkenden Pegeln. Beispielsweise wandert der Aal für gewöhnlich in den Sommermonaten in die Altrhein-Arme ab, weil dort das Wasser deutlich kühler ist und es mehr Schatten gibt. Durch das Niedrigwasser ist den Fischen dieses Jahr der Weg dorthin jedoch abgeschnitten. Darüber hinaus sterben zunehmend Kleinlebewesen wie Würmer oder Muscheln ab und fehlen dadurch den Fischen als Nahrung. Und: Die Hitze löst Stress bei den Tieren aus. Das macht sie anfälliger für Krankheiten.
Fachleute gehen davon aus, dass der Rhein zukünftig häufiger von solchen Niedrigwasserperioden betroffen sein wird. Das liegt vor allem daran, dass sich der Fluss aus Niederschlägen, Gletscher- und Schmelzwasser sowie kleineren Nebenflüssen speist. Genau hier zeigen sich aber besorgniserregende Veränderungen: Niederschläge bleiben aufgrund von Trockenperioden aus, die Gletscher in den Alpen schmelzen immer weiter ab und die Nebenflüsse führen bei starker Hitze zu wenig Wasser oder trocknen sogar komplett aus. Das Ökosystem sowie die Artenvielfalt geraten dadurch erheblich in Gefahr.
Doch Flüsse sind nicht nur der Lebensraum für Fische und Pflanzen. Sie spielen in Verbindung mit den Flussauen auch eine wichtige Rolle beim Hochwasserschutz. Tritt ein Fluss über die Ufer, können sich die Wassermassen in einer natürlichen Überschwemmungszone ausbreiten, versickern und langsam wieder zurückfließen.
Im Zuge der Industrialisierung und des wachsenden Schiffverkehrs wurden viele Flüsse allerdings in ein künstliches „Korsett“ gezwungen. Ufer wurden begradigt, einbetoniert und Flüsse gestaut. Das führt dazu, dass bei Hochwasser das Wasser nicht mehr zur Seite ausweichen kann. Es fließt aufgrund der Einengung – wie in einem Kanal – sogar noch schneller flussabwärts.
Der Mensch greift noch in einer anderen Art und Weise in das Ökosystem der Flüsse ein. Nach Angaben des Institute of Marine Research im norwegischen Bergen spült allein der Rhein jährlich 473 Tonnen Mikroplastik ins Meer. Auch Elbe, Oder, Weser und Ems betrifft dieses Umweltproblem.
Bis sich Plastik zersetzt, dauert es Jahrhunderte. Es zerfällt dabei in immer kleinere Teile, die der Umwelt aber dauerhaft erhalten bleiben und eine tödliche Bedrohung für die Tiere darstellen. Denn selbst diese Mikroplastikpartikel können je nach Größe des Lebewesens zu Verletzungen des Verdauungstraktes führen oder die Nahrungsaufnahme blockieren.
Fachleute der Biologie betonen immer wieder, wie wichtig Flüsse für die Artenvielfalt sind. Deshalb hat die Bundesregierung bereits 2017 beschlossen, Flüsse und angrenzende Auenlandschaften zu renaturieren, das heißt, sie in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Eines der größten Renaturierungsprojekte Deutschlands läuft hingegen schon deutlich länger: Die Emscher im Ruhrgebiet hat inzwischen nicht mehr viel mit dem einstigen Abwasserkanal gemein. Rückblick: Im 19. Jahrhundert war der rund 80 Kilometer lange Nebenfluss des Rheins noch fisch- und vogelreich. Doch aufgrund des rapiden Bevölkerungsanstiegs im Zuge der Industrialisierung gelangten immer mehr Abwässer in die Emscher. Hinzu kam, dass teilweise giftige Substanzen aus dem Bergbau und der Industrie eingeleitet wurden. Ende des 19. Jahrhunderts war von dem Fluss nichts mehr übrig.
In den 1990er-Jahren wurde dann beschlossen, die Emscher von Schmutzwasser zu säubern und das Siedlungs- und Industrieabwasser in einem unterirdischen Kanal den Kläranlagen zuzuleiten. Der Fluss sollte so wieder zu einem geeigneten Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten werden. Und dieses Vorhaben hatte auch Erfolg: Innerhalb von 30 Jahren hat sich laut Emschergenossenschaft die Artenvielfalt nahezu verdreifacht. 500 Arten seien inzwischen wieder in das Gebiet zurückgekehrt. Darunter auch die Emschergroppe, ein grau-brauner, urzeitlich aussehender Fisch, der 200 Jahre lang als ausgestorben galt.
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