Lückenhaftes Radverkehrsnetz verlangsamt den Aufschwung des Fahrrads

Agenda 2030 | 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung:

Um den Umstieg auf das Fahrrad noch attraktiver zu machen, müssen Städte und Kommunen in Deutschland den Ausbau der Infrastruktur weiter vorantreiben. Viele Fahrradfahrer*innen wünschen sich vor allem breitere und sichere Radwege fernab des Autoverkehrs. Warum wir aktuell noch hinterherhinken und welche Länder als Vorbild für fahrradfreundliche Mobilitätskonzepte taugen: ein Überblick zum Weltfahrradtag am 3. Juni.

Fahrradfahren boomt: Laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) gab es in Deutschland im Jahr 2022 insgesamt rund 81 Millionen Fahrräder. Somit kommt statistisch gesehen auf fast jede(n) Einwohner*in ein Fahrrad. Vor allem in Städten hat der Radverkehr zuletzt deutlich zugenommen. Immer mehr Menschen schwingen sich auf den Sattel – egal ob zum Einkaufen, für sonstige Erledigungen oder in der Freizeit.

Auf dem Weg zur Verkehrswende und klimaschonender Mobilität nimmt der Radverkehr eine entscheidende Rolle ein. Dieses Potenzial ist nach aktuellem Stand jedoch längst nicht ausgereizt, denn auf Kurzstrecken ziehen nach wie vor viele das Auto dem Zweirad vor. Wie das Statistische Bundesamt Ende 2021 mitteilte, nutzten zum Beispiel 40 Prozent der Berufspendler*innen für Strecken bis zu fünf Kilometern den Pkw. Zum Vergleich: Das Fahrrad, eigentlich prädestiniert für diese kurzen Wege, kommt nur bei 26 Prozent der Pendler*innen zum Einsatz.
 

Autos hatten jahrzehntelang Vorrang

Vielerorts bremst eine mangelhafte Infrastruktur den Aufschwung des Radverkehrs massiv aus. Das Problem: Immer mehr Verkehrsteilnehmer*innen konkurrieren um den knappen Straßenraum. Städte sind über mehrere Jahrzehnte hinweg hauptsächlich für die Bedürfnisse von Autofahrer*innen entwickelt worden. Teilweise gibt es fünf- oder sechsspurige Straßen. Zugleich fehlen jedoch gut ausgebaute Radwege. 

Häufig sind Fahrradfahrer*innen dann im dichten Verkehr auf schmalen, farbig markierten Schutzstreifen am rechten Fahrbahnrand unterwegs. Die fehlende bauliche Trennung zwischen Auto- und Radverkehr und damit auch fehlende Sicherheit schreckt viele ab, im Alltag auf das Fahrrad umzusteigen. Zumal Radwege teils an Kreuzungen enden oder von parkenden Fahrzeugen oder Mülltonnen blockiert werden.
 

Fahrradfreundlichkeit von Städten oftmals unbefriedigend

Trotz verschiedener Maßnahmen wie speziellen Fahrradspuren oder Fahrradstraßen gilt das Radwegenetz in Deutschland als stark verbesserungswürdig. Dieses Meinungsbild geht auch aus dem Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) hervor. 245.000 Radfahrende, so viele wie nie zuvor, nahmen 2022 an der Umfrage teil und bewerteten die Fahrradfreundlichkeit von mehr als 1.000 Städten und Gemeinden.

Unter den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohner*innen schneiden Bremen, Frankfurt am Main und Hannover am besten ab (jeweils Note 3,6). Damit liegen sie allerdings nur knapp unter der deutschlandweiten Durchschnittsnote von 3,96. Das beste Zeugnis stellten die Teilnehmer*innen Wettringen aus. Die in Nordrhein-Westfalen nordwestlich von Münster gelegene Kleinstadt kommt auf eine 2,0. In den vergangenen Jahren investierte die Gemeinde dort insgesamt mehr als vier Millionen Euro in verschiedene Projekte zum Ausbau der Fahrradinfrastruktur. Dazu zählen beispielsweise ein intelligentes Beleuchtungssystem für Radwege sowie Fahrradstraßen in die Nachbarkommunen. 

Langwierige Planung verzögert den Bau von Radschnellverbindungen

Ein Teil der Investitionssumme stammte aus dem im Jahr 2021 von der Politik verabschiedeten Nationalen Radverkehrsplan. Der Plan sieht vor, bis zum Jahr 2030 die Fahrradinfrastruktur massiv auszubauen und den Radverkehr als klimaschonende Mobilitätslösung zu fördern – unter anderem durch den Bau von Radschnellverbindungen.

Aber auch hier hapert es an der Umsetzung – wie der Radschnellweg Ruhr zeigt. Der RS1 soll das westliche und östliche Ruhrgebiet von Duisburg bis Hamm verbinden. Die Fertigstellung der mehr als 100 Kilometer langen Strecke war ursprünglich für das Jahr 2020 vorgesehen. Wegen bürokratischer und planerischer Hürden sind bislang jedoch erst circa 20 Kilometer befahrbar. In manchen Städten ist sogar immer noch unklar, wo genau der Weg verlaufen soll.

Imposante Fahrradinfrastrukturprojekte in den Niederlanden und China

Andere Länder sind diesbezüglich deutlich besser aufgestellt. Vor allem die Niederlande gelten als Vorreiter in Sachen Fahrradinfrastruktur. Am Amsterdamer Hauptbahnhof wurde erst kürzlich das größte Fahrradparkhaus der Stadt eingeweiht. Es gibt Stellplätze für bis zu 7.000 Räder. Das Besondere: Die Fahrradtiefgarage liegt unter dem Wasserspiegel des Flusses Ij. Circa 50 Kilometer weiter südlich, in Utrecht, steht nach eigenen Angaben sogar das größte Fahrradparkhaus der Welt. Auf drei Etagen können dort mehr als 12.000 Fahrräder untergebracht werden.

Dies sind allerdings nicht die einzigen imposanten Fahrradinfrastrukturprojekte. Die Städte Eindhoven und Veldhoven verbindet ein schwebender Kreisverkehr. Der sogenannte Hovenring hängt an einem 70 Meter hohen Pylon und sorgt dafür, dass täglich bis zu 5.000 Radfahrer*innen die darunterliegende Schnellstraße gefahrlos und ohne Warten überqueren können. 

Ein ähnliches Konzept verfolgt die chinesische Stadt Xiamen. Aufgrund des immensen Verkehrsaufkommens auf den Straßen steht nicht ausreichend Platz für Radwege zur Verfügung.  Deshalb baute die Metropole die längste Fahrradbrücke der Welt. Die knapp acht Kilometer lange Brücke führt durch mehrere Wohngebiete und Büroviertel. Darüber hinaus bietet das Bauwerk zahlreiche Abstellplätze, Servicestationen und Auffahrtsrampen zu Bus- und U-Bahnstationen.
 

Zwei Fahrradstädte, zwei Welten: Radeln in Münster – nicht übel. Aber warst Du schon mal in Utrecht? | DER SPIEGEL

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