Gletscherschwund: Wie der Klimawandel die Berge destabilisiert

Agenda 2030 | 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung:

Fehlender Schneefall im Winter und hohe Temperaturen im Sommer beschleunigen die Gletscherschmelze in den Gebirgsregionen. Dies zeigt sich vor allem in den Alpen, wo sich die Eismassen teils so schnell zurückziehen wie nie zuvor. Der Internationale Tag der Berge am 11. Dezember 2024 macht daher verstärkt auf diese Entwicklung und den Schutz hochalpiner Landschaften aufmerksam.

Die Bilder in den Hochgebirgsregionen gleichen sich – egal ob in Europa, Asien, Nord- oder Südamerika. Wo sich einst Eis und Schnee über mehrere Quadratkilometer große Flächen erstreckt haben, sind inzwischen vielerorts nur noch Schutt und Geröll übrig geblieben. Auf der Erde gibt es kaum Gegenden, wo die Veränderungen durch die globale Erderwärmung so deutlich zum Vorschein kommen wie in den Bergen.

Daten belegen, dass allein in den Alpen die Temperatur in den vergangenen mehr als 100 Jahren um zwei Grad Celsius gestiegen ist – doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt. Laut neueren Studien hat dieser Temperaturanstieg seit 2001 dazu geführt, dass die Alpengletscher rund 36 % ihres Gesamtvolumens verloren haben (wwf.ch). Besonders dramatisch ist die Situation in der Schweiz: Hier schrumpften die Gletscher in den Jahren 2022 und 2023 um weitere zehn Prozent ihres Gesamtvolumens, ein Rekordverlust innerhalb eines so kurzen Zeitraums. Dies geht aus aktuellen Zahlen der Schweizerischen Kommission für Kryosphärenbeobachtung hervor.

Weniger Schnee, weniger Schutz

Der Rückgang der Gletscher lässt sich auch in Deutschland beobachten. Im Jahr 2022 war der Südliche Schneeferner auf dem Zugspitzblatt bereits soweit abgeschmolzen, dass er seinen Status als Gletscher verlor. Ähnliches droht künftig auch den noch vier verbleibenden Gletschern Deutschlands. Expert\*innen prognostizieren, dass bis zum Jahr 2035 sowohl der Blaueis- und Watzmanngletscher bei Berchtesgaden als auch der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner im Wettersteingebirge eisfrei sein werden. Aktuelle Beobachtungen bestätigen diesen Trend (ardalpha.de).

Neben höheren Temperaturen führten auch andere Faktoren zum schnellen Abschmelzen der Gletscher. Normalerweise schützt eine hohe Schneedecke das Eis, indem sie Sonnenlicht reflektiert. Doch immer häufiger fehlen ausreichende Schneefälle im Winter. Dadurch wird die schützende Schicht dünner und das Eis schmilzt schneller. 2022 verstärkte Saharastaub diesen Effekt, indem der dunkle Staub die Erwärmung der Oberfläche förderte.

Tauender Permafrost: Berge geraten ins Wanken

Durch den Klimawandel schmelzen nicht nur die Gletscher, sondern auch der Permafrost taut. Im Inneren der Berge liegt die Temperatur meist unter dem Gefrierpunkt. Das bedeutet, dass das Eis das Gestein wie Zement zusammenhält. Doch je stärker der Permafrost nun taut, desto instabiler werden die Berge. Forschende rechnen damit, dass deshalb im Hochgebirge Lawinen aus Schlamm und Geröll, sogenannte Muren, sowie Felsstürze zunehmen werden.

Genau solch ein Bergsturz ereignete sich Ende Juni 2023 nahe Galtür an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz, als der Südgipfel des knapp 3.400 Meter hohen Fluchthorns abbrach und rund 100.000 Kubikmeter Gestein in die Tiefe stürzten. Geolog\*innen sind sich nach diversen Untersuchungen inzwischen sicher, dass der Felssturz durch die Permafrost-Schmelze ausgelöst wurde. Dem Hochvogel im Oberallgäu an der Grenze zwischen Bayern und Tirol droht ein ähnliches Szenario. Den Gipfel des mehr als 2.500 Meter hohen Berges durchzieht ein mehrere Meter breiter Riss, der stetig wächst. Forschende der TU München überwachen deshalb bereits seit einigen Jahren die Bewegungen im Gestein mithilfe von Sensoren, um Prognosen zum Zeitpunkt eines möglichen Bergsturzes treffen zu können.

Geht Europa das Wasser aus?

Durch den Temperaturanstieg und das Abschmelzen der Gletscher in den Alpen verändert sich nicht nur die Landschaft, sondern auch die Funktion als größtes Süßwasserreservoir Europas ist gefährdet. Gletscher speichern viel Wasser und geben es nach und nach frei. Im Winter sammelt sich Wasser als Schnee, und im Frühling und Sommer schmilzt dieser, speist Bäche und fließt ins Tal. Viele große, europäische Flüsse entspringen in den Höhenlagen der Alpen – wie zum Beispiel der Rhein, der Po, die Donau oder die Rhone. Ziehen sich die Gletscher also immer weiter zurück oder verschwinden in absehbarer Zeit sogar komplett, hat das auch Folgen für die Wasserversorgung von Städten und Gemeinden entlang dieser Flüsse. Neueste Untersuchungen warnen, dass die schwindenden Gletscher nicht nur die Wassermengen in diesen Flusssystemen verringern könnten, sondern auch langfristig zu Wasserknappheit in Europa beitragen können (swissinfo.ch).

tagesschau | Neue Studie zum Klimawandel: Gletscher auf der Erde akut bedroht

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