Neues Schuljahr, altes Problem: die verzweifelte Suche nach Lehrpersonal

Agenda 2030 | 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung:

In Deutschland gibt es zu wenig Lehrpersonal. Unterrichtsausfälle, ausgedünnte Stundenpläne sowie volle Klassen gehören deshalb an vielen Schulen zum Alltag. Daran wird sich vorerst auch nichts ändern. Doch worin liegen die Ursachen für die Personalengpässe und wie versuchen die Bundesländer, dieses Problem einzudämmen? Eine Zusammenfassung zum Welttag der Lehrer*innen am 5. Oktober. 

Mit dem Start ins neue Schuljahr rückt in Deutschland ein längst bekanntes Problem wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit: Schulen suchen händeringend nach Lehrpersonal, um die Unterrichtsversorgung aufrecht erhalten zu können. Diese Suche gestaltet sich allerdings mühsam. Für das laufende Schuljahr fehlen bundesweit knapp 15.000 Lehrer*innen, wie eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland unter den Kultusministerien der 16 Bundesländer ergab.

Allein in Nordrhein-Westfalen sind mehr als 6.000 Vollzeitstellen noch unbesetzt. Es folgen Niedersachsen und Berlin mit 1.760 und 1.400 fehlenden Lehrkräften. Weniger angespannt gestaltet sich die Lage in Bremen, wo nur 86 Stellen nicht besetzt werden konnten. Einzig Bayern und das Saarland meldeten keine Personallücken.
 

Zahl der zu besetzenden Stellen wird sich mehr als verdoppeln

Beim Blick in die Zukunft zeigt sich, dass eine kurzfristige Lösung für den Lehrermangel nicht in Sicht ist. Im Gegenteil: Das Problem wird das Bildungssystem voraussichtlich in den kommenden 20 Jahren begleiten. Diese Prognose stellten Expert*innen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) bereits im Januar 2023 auf. Das Beratergremium der Kultusministerkonferenz (KMK) schrieb in seiner Stellungnahme sogar von einer historischen Herausforderung für die Gesellschaft.

Prognosen der KMK zufolge fehlen bis zum Jahr 2025 deutschlandweit zusammengerechnet etwa 25.000 Lehrkräfte. Bis zum Jahr 2030 könnte dieser Wert auf mehr als 30.000 steigen. Bildungsforscher*innen und Lehrkräfteverbände rechnen sogar mit einem weitaus höheren Mangel an qualifiziertem Fachpersonal.

Immer mehr Lehrkräfte in Pension, immer weniger Nachwuchs

Dieser Engpass resultiert aus einem Zusammenspiel verschiedener Entwicklungen. Durch Zuwanderung und eine höhere Geburtenrate stiegen die Schüler*innenzahlen zuletzt stetig an. Gleichzeitig werden immer mehr Lehrkräfte pensioniert und es kommt nicht ausreichend Personal nach – weil in der Vergangenheit vielerorts Lehramtsstudienplätze abgebaut wurden und das Interesse an diesem Beruf zurückgegangen ist. Viele Stellen können deshalb aktuell schlicht nicht besetzt werden – zumal der Markt an Quer- und Seiteneinsteiger*innen diese Lücke nicht füllen kann. Die Folge sind Unterrichtsausfälle, Stundenkürzungen, überfüllte Klassen und eine höhere Belastung für das bestehende Lehrpersonal.

Das Nachwuchsproblem an den Schulen zeigt sich insbesondere mit Blick auf die Zahl der Lehramtsabsolvent*innen. Im Jahr 2021 haben zwar circa 30.000 Lehramtsstudierende und damit rund vier Prozent mehr als im Jahr zuvor ihre Abschlussprüfungen mit einem Master oder dem 1. Staatsexamen bestanden, wie das Statistische Bundesamt im Herbst 2022 mitteilte. Langfristig betrachtet geht der Trend allerdings in eine andere Richtung. Im Zehnjahresvergleich schrumpfte die Zahl der neu ausgebildeten Lehrkräfte um 13,8 Prozent.

Quer- und Seiteneinsteiger*innen häufig die letzte Option

Um die Personalengpässe zu lindern, greifen die Schulen auf verschiedene Maßnahmen zurück. Sachsen-Anhalt beispielsweise setzt Headhunter ein, um im europäischen Ausland neue Lehrkräfte zu finden. Insgesamt 75 Stellen wurden so im Jahr 2022 neu besetzt – mit Personal aus Österreich, Spanien, Bosnien-Herzegowina und der Schweiz. Das Ministerium kündigte bereits an, dieses Konzept auch in Zukunft fortzusetzen und die Suche auf weitere Länder auszuweiten.

Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen hingegen verfolgen den Weg, bereits pensionierten Lehrkräften die Rückkehr in den Schuldienst zu ermöglichen und sie übergangsweise anzustellen. Außerdem bieten manche Bundesländer finanzielle Anreize in Form von Prämienzahlungen, wenn Lehrer*innen sich dazu entschließen, weiter zu unterrichten statt in Rente zu gehen.

Hinzu kommt: Nahezu alle Bundesländer werben inzwischen verstärkt um Quer- und Seiteneinsteiger*innen aus anderen Branchen und Berufen. Um ihnen den Jobeinstieg zu erleichtern, sollen unter anderem die Anforderungen gesenkt und bürokratische Verfahren verkürzt werden. So können sich in Bremen Interessierte in einem zweiwöchigen Kompaktkurs für eine Beschäftigung als Lehrkraft qualifizieren. Anschließend folgt eine anderthalbjährige berufsbegleitende Ausbildung, in der sie zunächst zehn Stunden pro Woche unterrichten.

Der Lehrer*innenberuf muss attraktiv sein – wie in Finnland?

Expert*innen, Lehrkräfteverbände und Gewerkschaften halten all diese Versuche nur für Notlösungen. Stattdessen fordern sie, die grundlegenden Probleme an der Wurzel zu packen. In einem Ende 2022 veröffentlichten 15-Punkte-Plan setzt sich die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) beispielsweise dafür ein, die Arbeits- und Studienbedingungen attraktiver zu gestalten und den Beruf aufzuwerten, um langfristig mehr Fachkräfte zu gewinnen und damit die Unterrichtsversorgung flächendeckend zu gewährleisten.

Anschauungsunterricht für dieses Ziel liefert Finnland – eines der wenigen Länder in Europa, das nicht vom Lehrkräftemangel betroffen ist. Pädagog*innen genießen dort eine hohe Wertschätzung sowie viele Freiheiten in der Unterrichtsgestaltung. Sie können Lernschwerpunkte, Lernmaterialien und Lernmethoden größtenteils eigenständig festlegen und umsetzen. Diese Gestaltungsmöglichkeiten machen den Beruf für viele junge Menschen interessant. So gibt es in Finnland häufig deutlich mehr Anwärter*innen für ein Lehramtsstudium als freie Plätze.
 

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